Disruption macht auch vor Messen nicht halt

Michael Rettinger, 15.02.2018

Fachmessen sind für ihre vertretenen Branchen in der Regel sehr gute Gradmesser für die Zukunftsausrichtung. Während in den letzten Jahren viele Branchen gewaltige Strukturwandel durchmachen mussten, blieb das Luxussegment von Uhren und Schmuck davon weitgehend verschont. Das ändert sich seit zwei Jahren dramatisch und ist besonders deutlich an der Basler Schmuck- und Uhrenmesse zu beobachten. Doch es geht nicht einfach der Branche schlecht, sondern eine echte Disruption des gesamten Konsumverhaltens ist zu beobachten – mit ungewissem Ausgang.

Schon allein die nüchternen Zahlen sind dramatisch: Zogen 2016 noch 1.600 Schmuck- und Uhrenhersteller alljährlich im Frühjahr nach Basel zur Schmuck- und Uhrenmesse, sind es dieses Jahr voraussichtlich nur noch 500. Die Messeleitung reagiert mit einem deutlich kleineren Platzangebot und einer Verkürzung der Messe von bisher acht auf nun sechs Tage. Viele Hersteller scheuen die hohen Kosten rund um einen Messeauftritt in der Schweiz und andere wandern zu kleineren Messen ab. Wiederum andere Marken – vornehmlich aus Asien – setzen fast gänzlich auf den Onlinehandel und schalten damit den Zwischenhandel aus. Für den aber ist die Basler Messe bis dato die wichtigste Leitmesse.

Tatsächlich aber sind vor allem disruptive Kräfte am Werk: Luxusgüter wie hochwertiger Schmuck und teure Uhren konkurrieren direkt mit Konsumartikel wie Smartphones, Tablets, hochwertige Fernseher, Smartwatches und so weiter, die sich inzwischen ähnlichen Preisgefilden annähern. Und da die meisten Konsumenten ihr Geld nur einmal ausgeben können, setzt sich bei der Entscheidungsfindung sehr schnell das Produkt durch, das auch am ehesten einen Nutzen bringt. Die klassische Uhr und das Schmuckstück verlieren in der jungen und konsumfreudigen Generation immer häufiger.

Dazu kommt ein immer schnelllebigerer Markt. Vor noch wenigen Jahrzehnten war die Basler Messe die Leitmesse für Waren, die für das kommende Weihnachtsgeschäft gedacht waren und für die eben in Basel Kontingente gebucht wurden. Heute, in Zeiten, wo Smartphone-Hersteller heute ein Smartphone vorstellen, das dann buchstäblich am nächsten Tag direkt bestellt werden kann, wirkt das wie ein nicht mehr zeitgemäßer Anachronismus.

Wie sehr die gesamte Schmuck- und Uhrenindustrie unter Druck geraten ist, zeigt sich auch an einer anderen Zahl. Gab es früher einmal über 600 namhafte schweizerische Uhrenmarken, rechnen Branchenexperten damit, dass in wenigen Jahren nur noch 50 Marken übrigbleiben werden.

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