Innovationsdruck in Zeiten der Unsicherheit

Besim Karadeniz, 26.10.2020

Die Corona-Krise sorgt in praktisch allen Branchen für eine große Unsicherheit. Bisherige Geschäftsmodelle wanken, die meisten Unternehmen merken die Zurückhaltung der Konsumenten. Selbst die Wertschöpfung in vertikalen Märkten kommt ins Stocken. Der plötzliche Druck auf Entwicklung von Innovationen steigt und ermöglicht neue Erkenntnisse über das eigene Unternehmen.

Der befreundete Geschäftsführer einer Sportgaststätte hatte frohes zu berichten und das inmitten der Corona-Pandemie. Der Umsatz seines Mittagstisches war deutlich gestiegen – und zwar gegenüber Werten aus dem letzten Jahr. Was war passiert?

Während des Lockdowns war auch er davon betroffen, dass die Einnahmesituation von jetzt auf heute fast vollständig weggebrochen war. Sportgaststätten leben von Laufkundschaft und vor allem vom Betrieb auf den anliegenden Sportplätzen. Beides war im Lockdown nicht mehr denkbar, die unternehmerische Situation äußerst dramatisch.

Eine kluge Entscheidung war, die Situation nach einem Lockdown durchzuspielen und Szenarien zu entwickeln. Dass der Betrieb nicht sofort wieder auf alte Auslastungen kommen würde, war allein schon dadurch klar, dass der Sportbetrieb auch weiterhin weitgehend untersagt bleiben wird. Also musste der Umsatz mit der Laufkundschaft angekurbelt und gleichzeitig das Unternehmen auf Einsparpotentiale untersucht werden. Ausgerechnet der tägliche Mittagstisch, der für viele Restaurants kaum mehr als ein Lückenfüller für in Vollzeit beschäftigtes Personal ist, war die Lösung.

Bisher hatte das Restaurant ein täglich wechselndes Gericht, um vermeintliche Abwechslung anzubieten. In genauer Betrachtung war aber genau diese Vorgehensweise ein zentrales Problem, denn während es Gerichte gibt, die außerordentlich beliebt sind, gab es auch Gerichte, die eher schlecht angenommen wurden, aber “aus Tradition” auf der Karte waren. Darunter das freitägliche Fischgericht. Eine betriebswirtschaftliche Analyse ergab, dass zwar freitagmittags die Besucherfrequenz nur unmerklich niedriger war, als an anderen Tagen, aber dass das Fischgericht außerordentlich dürftig angenommen wurde, ebenso beispielsweise die Schlachtplatte oder Salate an anderen Tagen.

Die Lösung war einfach und bestechend zugleich: Anstatt eines täglich wechselnden Mittagstisches wurden alle bisherigen fünf Gerichte auf vier gestutzt und diese für die gesamte Woche zur Auswahl gestellt, das aufgewertete Fischgericht als “Freitagsspezialität” umfunktioniert. Der Aufwand war nur minimal höher, dafür aber die Auswahl der Gerichte schlagartig umfangreicher und für viele regelmäßige Besucher deutlich attraktiver.

Das Ergebnis war eine Umsatzsteigerung mit dem Mittagstisch um satte 20 Prozent gegenüber den Vorjahreszahlen und das über die gesamte Woche hinweg. “Hätte ich geahnt, dass das täglich wechselnde Mittagsmenü eine derart schwankende Performance hat, hätte ich es schon vor Jahren anders gemacht”, so der Kommentar des Unternehmers. Und damit erübrigte sich auch die ursprünglich befürchtete Anhebung des Preises für den Mittagstisch, der in der ursprünglichen Planung kaum mehr als 15 Prozent mehr Umsatz hätte einbringen können.

Um die Ecke denken und auch Ideen zulassen, die bisher als Utopie oder Hirngespinst abgetan wurden – gerade das wird von Unternehmen und auch von Finanzdienstleistern erwartet. Und oftmals sind die Innovationen von morgen die Ideen, die eigentlich schon in der Schublade liegen.

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