Besim Karadeniz, 08.06.2015
In einer Vielzahl unserer Kundenprojekte geht es um Innovationen, die als Ersatz für disruptive Technologien dienen sollen. Während einige Zeitgenossen das für ein Modewort halten, zeigt sich doch immer wieder, wie ganze Industriebereiche durch disruptive Technologien in ihrer Existenz gefährdet werden. Das Beispiel der digitalen Fotografie zeigt das sehr anschaulich.
Wenn wir heute digital fotografieren, tun wir das immer häufiger mit einem Smartphone. Smartphones sind immer griffbereit, haben inzwischen ausgereifte Kameramodule an Bord, genügend Speicherplatz und mit der Mobilfunkanbindung auch gleich die Möglichkeit, Bilder zu versenden. Was heute so selbstverständlich ist und für eine noch nie dagewesene Bilderflut sorgt, war vor wenigen Jahren aus mehreren Gründen noch undenkbar:
Die bis vor wenigen Jahren noch weit verbreitete analoge Fotografie, immerhin bis dato 180 Jahre alt, wurde so gleich von drei entscheidenden Kerntechnologien angegriffen. Alle diese Technologien haben gemeinsam, dass sie jede für sich die Fotografie vereinfacht haben, also eine entscheidende Verbesserung zum bisherigen Produkt aufweisen. Dazu kommt der Faktor Zeit für die wegfallende Filmentwicklung und letztlich erheblich weniger Kosten durch die wegfallende Anschaffung einer Fotokamera und keine Notwendigkeit mehr für Filme.
Verstärkt wird das disruptive Moment dieser Entwicklung durch das moderne Smartphone, das eben die drei Kerntechnologien miteinander so kombiniert, dass gänzlich neue Anwendungsmöglichkeiten entstehen. Für spontane Familienfotos braucht es nicht die gesonderte Kamera (die sowieso immer dann zu Hause liegt, wenn man sie braucht) und Fotografien können fast in Echtzeit zu Online-Bilderalben angelegt werden.
Diese disruptive Verdrängung bisheriger Technologien walkt bis heute die Unterhaltungsindustrie gewaltig durch. Unternehmen, die durch die Produktion von Fotokameras oder mit der Herstellung und Verarbeitung von Fotofilmen viel Geld verdienten, verloren innerhalb weniger Jahre Großteile ihrer Marktanteile und mussten innerhalb kürzester Zeit die gesamte Produktpalette auf den Prüfstand stellen. Und selbst die Kamerahersteller, die vor fünfzehn Jahren die damalige Zeit verstanden hatten und fast vollständig auf die Herstellung von Digitalkameras gesetzt hatten, stehen heute vor dem Problem, dass durch immer besser fotografierende Smartphones auch der Markt der dedizierten Digitalkameras immer stärker erodiert.